Lange Jahre überquerte Mullah Nasruddin immer wieder mit mehreren Eseln eine Grenze. Die Zollbeamten kannten ihn schon, und da die Esel des Mullahs schwer beladen waren und übervolle Satteltaschen mit sich trugen, waren die Zollbeamten überzeugt, der Mullah müsse ein Schmuggler sein.
Sie durchsuchten seine Ladung immer wieder von oben bis unten, sie machten Leibesvisitationen, durchsuchten die Taschen und Gewänder des Mullahs, und manchmal verbrannten sie einen Teil der Ladung oder tauchten sie ins Wasser ein, um auf diese Weise dem Geheimnis auf die Spur zu kommen. Mal fanden sie alte Töpfe und Krüge, verblichene Tücher oder verbeulte Hüte. Mal fanden sie Brennholz in den Satteltaschen des Mullahs, mal Farben und Gewürze, sogar zerfranste Teppiche oder zerbrochene Gewerke. Aber nie stießen sie auf etwas, das die Schmuggelware hätte sein können. Wenn sie Nasruddin fragten, warum er die Grenze immer wieder überquere, neigte dieser stets den Kopf zu Seite und sagte: „Nun, ich bin Schmuggler.“
Aber nie konnten die Zollbeamten Mullah Nasruddin etwas nachweisen. So mussten sie ihn immer wieder ziehen lassen. Dem Mullah schien es mit der Zeit immer besser zu gehen, stetig vermehrte er seinen Reichtum, und eines Tages setzte er sich zur Ruhe.
Viele Jahre später traf einer der Zollbeamten von damals den Mullah wieder. Er sprach ihn an: „Höre, Mullah Nasruddin, du bist wie ich längst im Ruhestand. Ebenso wie ich, weißt du, dass deine Taten heute verjährt wären, wenn es denn so gewesen sein sollte, dass du wirklich ein Schmuggler warst. Ich bin mir sicher, dass es so war. Verrate mir also, was es war, das du damals an uns vorbeigeschmuggelt hast.“
Der Mullah Nasruddin neigte seinen Kopf leicht zur Seite und sagte:
„Nun, es waren die Esel.“
Aus „Das innere zuhause – was Spiritualität heute bedeuten kann“ von einem meiner Lehrer Samarona Buunk